Verfolgung in Vietnam

Obwohl Religionsfreiheit in der Verfassung verankert ist, versucht die kommunistische Regierung, das religiöse Leben mit einem System obligatorischer Registrierung unter Kontrolle zu halten. Die vietnamesischen Behörden behalten alle christlichen Aktivitäten im Lande fest im Blick. Christen sind häufig mit behördlicher Willkür konfrontiert. Oft werden sie beschuldigt, "gesellschaftliche Unruhen" zu verursachen, "die örtliche Regierung zu bekämpfen" oder ihnen wird allgemein "Subversion" vorgeworfen.

Religiöse Aktivitäten, von denen angenommen wird, dass sie den Staat oder die Gesellschaft gefährden, können verboten werden. In der Praxis führt diese Regelung häufig zum willkürlichen Vorgehen einzelner Beamter vor allem auf lokaler Ebene. Der Staat verlangt, über alle religiösen Aktivitäten informiert zu werden. Die Instandsetzung und der Neubau von Kirchen müssen genehmigt werden.

Aufgrund eines Religionsgesetzes von 2007 werden die verschiedenen Glaubensüberzeugungen zwar als soziale Kräfte angesehen, die unter der Führung der Kommunistischen Partei zum Fortschritt des Landes beitragen können und müssen - doch bedürfen aus diesem Grund religiöse Aktivitäten weiterhin der Zustimmung der Behörden.


Willkür durch Behörden

Besonders auf lokaler Ebene kommt es zu Willkür seitens der Behörden. Der Grad religiöser Freiheit in einer Region oder einer Ortschaft hängt eng davon ab, wie "kommunistisch" sie ist. Die lokalen Behörden legen fest, was Christen erlaubt wird und was nicht. Einige Ortsvorsteher sind eifrig bemüht, gemeinsam mit örtlichen geistlichen Leitern, traditionelle, religiös-animistische Praktiken durchzusetzen. Wer diese Praktiken ablehnt, wird von Nachbarn angefeindet, wenn nicht sogar aktiv verfolgt.

Von Zeit zu Zeit beschlagnahmt die Regierung Kirchengebäude und schließt sie ohne Angabe von Gründen und ohne die Möglichkeit diese Entscheidung überprüfen zu lassen. Das betrifft überwiegend katholische Kirchen, aber auch einige Kirchen der ethnischen Minderheiten in ländlichen Gebieten. 2012 wurden mindestens sieben katholische Kirchen beschlagnahmt und begleitet von einer großen Medienkampagne, die Christen verleumdete, geschlossen. Unter anderem wurde im April 2012 ein Haus, das ein katholisches Waisenhaus beherbergen sollte, zerstört und der Priester bewusstlos geschlagen.

Verfolgung auf dem Land

Christen, die ethnischen Minderheiten und Stämmen angehören, sind am meisten von Verfolgung und Benachteiligung aufgrund ihres Glaubens betroffen. In Stammesgebieten stoßen sie auf Widerstand durch religiöse Dorfführer und Schamanen. Besonders dann, wenn Christen in ihr Dorf kommen, um das Evangelium zu verkündigen. Deswegen überwachen sie jene, die Konvertiten helfen und berichten den Ortsbehörden über deren Aktivitäten. Unter Ausnutzung ihrer starken gesellschaftlichen Stellung beeinflussen örtliche religiöse Führer kommunale Behörden oft dahingehend, Maßnahmen gegen das zunehmende Wachstum von christlichen Gemeinden zu ergreifen. In ländlichen Gebieten müssen Christen in sehr schwierigen Umständen leben. Evangelisation und christliche Unterweisung erfolgen heimlich.


In größeren Städten hat sich die Situation für Christen etwas verbessert. Mehrere Hausgemeinden erhielten eine Registrierung. Doch auf dem Land kommt es weiterhin zu starken Einschränkungen. Besonders Christen aus den ethnischen Minderheiten auf dem Land bzw. dem zentralen Hochland (sogenannte Montagnards) erleben häufig Verfolgung. Willkürliche Verhaftungen, Drangsalierung und Geldstrafen sind hier weiterhin an der Tagesordnung.

Solange Christen beschuldigt werden, aufgrund ihres Glaubens gesellschaftliche Unruhen zu verursachen - sei es vor Gericht oder durch die dörfliche Gesellschaft - ist eine echte Besserung der Lage unwahrscheinlich. Anhaltende Streitigkeiten in den Stammesgebieten führen dazu, dass sich die Diskriminierung vietnamesischer Christen verfestigt. Ihnen wird die Anerkennung als Bürger verweigert, die in der gegenwärtigen Lage einen wertvollen Beitrag für ihr Land und die Gesellschaft leisten können und wollen.

Verfolgung nimmt zu

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Situation in Zukunft wesentlich zu Gunsten der christlichen Minderheit ändern wird. In den Gebieten, die in der Vergangenheit zurückhaltender gegen Christen vorgegangen sind, haben die Behörden begonnen, strengere Maßnahmen gegen Christen durchzuführen. Einer der Gründe dafür könnte der Arabische Frühling sein, da die Regierung fürchtet, diese Idee würde auch in ihrem Land aufgegriffen werden und zu Massenprotesten führen. Die Kirche wird als eine soziale Gruppe gesehen, die leicht Massen mobilisieren könnte. Eine weitere Erklärung für ein härteres Vorgehen gegen christliche Minderheiten könnte ein Wechsel in der Religionsbehörde sein. Ein hochrangiger General hat hier die Führung übernommen. Seitdem hat die Verfolgung der Christen zugenommen.