Verfolgung in den Palästinensergebieten

Das Grundgesetz in den Palästinensergebieten - gegenwärtig ein Ersatz für eine Verfassung - erklärt den Islam zur offiziellen Staatsreligion und die Scharia (islamische Gesetzgebung) zur Grundlage der Rechtsprechung. Offiziell wird Glaubensfreiheit garantiert, solange die öffentliche Ordnung oder Moral nicht verletzt werden. Im Palästinensergebiet gibt es hauptsächlich zwei christliche Gruppen: traditionelle Christen zumeist mit palästinensischem oder arabischem Hintergrund - es gibt etwa 30 arabische christliche Gemeinden, überwiegend im Westjordanland - und die Gruppe der Christen muslimischer Herkunft.

Die Dynamik der Christenverfolgung ist komplex. Die Situation im Gazastreifen stellt sich anders dar als im Westjordanland, da beide Gebiete unterschiedliche Regierungen haben - wenngleich sich Hamas und Fatah annähern. Die palästinensische Autonomiebehörde zeigt eine insgesamt negative Haltung gegenüber Christen.

Berichten zufolge nimmt der Druck insbesondere auf Christen muslimischer Herkunft zu. Es gab ein paar Vorfälle von Zwangsbekehrung, Entführungen und gewalttätigen Ausschreitungen. Die Angst der christlichen Gesellschaft nimmt dadurch zu. Besonders im von der extremistischen Hamas regierten Gaza erleben die Christen zunehmend sozialen und wirtschaftlichen Druck, den Islam anzunehmen.

Auswanderung von Christen

Palästinensische Christen sehen sich von mehreren Seiten verfolgt und bedrängt. Im Bereich der Verfolgung arabischer Christen gilt es zu unterscheiden zwischen politischer - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit - und religiöser - aufgrund ihres Glaubens. Im Westjordanland werden Christen diskriminiert, von dort wird keine massive Verfolgung gemeldet. Im Gazastreifen üben insbesondere radikal-islamische Gruppierungen Druck auf die Christen aus. Hinzu kommt die Unterdrückung durch die Hamas, so dass sich immer mehr Christen gezwungen sehen, das Land zu verlassen.


Vorurteile gegen Christen

Traditionelle palästinensische Christen erleben immer wieder Vorurteile, Druck und Einschüchterung vonseiten der Muslime. Je engagierter Christen gesellschaftlich sind, desto mehr regt sich darüber Unmut bei Extremisten. Das reicht von Warnungen in lokalen Medien vor missionierenden "Sekten" bis hin zu massiver Verfolgung. Auf christliche Geschäftsleute wird Druck ausgeübt, keine alkoholischen Getränke zu verkaufen und manchmal werden aus diesem Grund ihre Geschäfte in Brand gesetzt. Obendrein werden sie auch gezwungen, den Muslimen eine religiöse Steuer zu zahlen.

Gemeinde schwindet

Die Anzahl palästinensischer Christen nimmt aufgrund der Abwanderung im Allgemeinen rasant ab. Neben dem wachsenden Einfluss des Islam spielen dabei auch die wirtschaftlichen Verhältnisse eine Rolle. Christen können relativ leicht auswandern, wenn sie über die finanziellen Mittel verfügen, Englisch sprechen und Kontakte oder Verwandte im westlichen Ausland haben. Die Restriktionen von israelischer Seite sind ein weiterer Grund für die Emigration arabischer Christen aus den Gebieten. Die etwa 40.000 Christen bilden eine Minderheit in dem islamisch geprägten Umfeld. Traditionelle Christen haben das Recht, ihre Religion auszuleben und zu praktizieren, es sei denn, sie versuchen Muslime zu evangelisieren.

Christen muslimischer Herkunft werden von der Gesellschaft und ihren Familien unterdrückt, wenn ihr Glaubenswechsel bekannt wird. Der Staat versagt darin, einzelnen Christen zu ihrem Recht zu verhelfen oder ihre Rechte zu schützen. In manchen Fällen müssen sie um ihrer Sicherheit willen in sogenannte "Schutzhäuser" in der Region fliehen.

Auch in Zukunft wird sich die Situation der Christen wahrscheinlich kaum verbessern. In Gaza geraten die Behörden immer stärker unter den Einfluss extremistischer Gruppen, die durch die Veränderungen in Nahen Osten ermutigt werden (z.B. die Machtübernahme der Muslimbruderschaft in Ägypten, oder die Herausforderung von Amerika und Israel durch den Iran). Obwohl die Situation im Westjordanland eine andere ist, unter anderem, weil sechs Christen einen Sitz im Parlament haben und der Bürgermeister von Bethlehem Christ ist, gewinnen auch dort extremistische Gruppen immer stärker an Einfluss. Auf die Zukunft der Gemeinden wirken sich diese Entwicklungen negativ aus.