Verfolgung in China

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Es werden hitzige Diskussionen darüber geführt, ob und, wenn ja, wieweit sich die Lage der Christen wirklich verbessert hat. Während einige Kommentatoren die Verfolgung als beendet sehen, sind andere der Meinung die Lage habe sich sogar verschlechtert. Die Wahrheit ist eine Mischung aus beidem.

China – ein Land voller Widersprüche

"Jetzt haben wir genau das richtige Maß an Verfolgung", sagten kürzlich zwei Pastoren der chinesischen Hauskirchenbewegung auf einer von Open Doors organisierten Konferenz. "Wir werden durch sie dazu gebracht, uns für Christus zu entscheiden und den Preis der Verfolgung zu zahlen. Doch die Verfolgung ist nicht so durchdringend, dass Evangelisation und Wachstum unmöglich sind."China ist immer noch ein Einparteienstaat mit einer Regierung, die den meisten Christen nicht ihre vollen religiösen Rechte gewährt. Selbst denjenigen, die staatlich anerkannte Drei-Selbst-Patriotischen-Kirchen besuchen, ist die Ausübung ihres Glaubens nur innerhalb der genehmigten Kirchengebäude erlaubt. Das Christentum setzt sein schnelles Wachstum im heutigen China fort. Offiziellen Angaben aus dem Jahr 2011 zufolge gehören 23 Millionen Christen der staatlich anerkannten registrierten chinesischen protestantischen Kirche (Drei-Selbst-Patriotische Kirche) an. (Anm. Die römisch-katholische Kirche – verbunden mit Rom – existiert nur im Untergrund.) Darüber hinaus gebe es zwischen 40 und 50 Millionen nicht registrierte Christen (Hausgemeindechristen). Einige andere Schätzungen liegen weit höher. Open Doors geht von insgesamt 80 Millionen Christen in China aus.

Regierung im Zwiespalt

Die Mitglieder der Regierung Chinas sind ausgesprochen verwirrt und ängstlich. Nicht einmal Lippenbekenntnisse legen sie noch für die kommunistische Ideologie ab, an die sie dennoch gekettet sind. Während sie einerseits eine Art von Marktwirtschaft eingeführt haben, halten sie allerdings andererseits das gesamte Kapital unter ihrer Kontrolle. Das hat zu einem großen wirtschaftlichen Wachstum, zu größeren Freiheiten und rasanterer Verwestlichung geführt. Vom Tianamen-Platz strahlt immer noch Maos lächelndes Gesicht, vom anderen Ende des Platzes aber grinst in grellem Neon auch Colonel Sanders von Kentucky Fried Chicken. Das Machtgerangel zwischen diesen beiden Mächten – dem autoritären chinesischen Regierungssystem und dem westlichen Kapitalismus – gibt dem Land sein einzigartiges Gepräge. Und seiner Kirche-Staat-Beziehung ihre eigentümliche Unvorhersehbarkeit.

Auf der einen Seite wird die chinesische Regierung selbstbewusster. Den Status einer Supermacht erreicht zu haben, hat die Führung Chinas nationalistischer gemacht und dem Westen gegenüber auf manche Weise feindseliger eingestellt. Wie es ein Diplomat kürzlich ausdrückte: "Bei jedem Gipfel sind sie darauf aus, zu zeigen, dass sie die neuen Herren sind." Die Folge davon ist, dass China international schwerer zu beeinflussen ist – was gewaltige Auswirkungen auf Lobbyisten und deren Aktivitäten hat. Es bedeutet auch, dass das Christentum immer noch als westlicher Import und nicht als wirklich chinesisch betrachtet wird – was die Gemeinden weiterhin in die Defensive treibt.