Verfolgung in Mali

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Die Hauptquelle der Verfolgung in Mali ist der Islamische Extremismus. Es ist überraschend, dass Mali unter den ersten zehn Ländern des Verfolgungsindex auftaucht. Dieses Land war bisher immer ein typisch westafrikanisches Land mit einem überwiegend moderaten Islam und einer säkularen Verfassung, die - obwohl ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung muslimisch ist - religiöse Parteien verboten hat. Religion wurde bisher als Privatsache gesehen und grundsätzlich von der Politik getrennt.

In Malis Gesellschaft waren die Christen immer vertreten - einschließlich ausländischer Missionare. Im Norden war die Situation etwas schwieriger als im Süden, aber auch dort konnten ausländische Missionare arbeiten. Die Situation der Christen mit muslimischem Hintergrund war schon immer schwieriger als die der anderen Christen, aber die Unterdrückung dieser ehemaligen Muslime war erträglich.

Aufstand im Norden

Doch die Situation hat sich verändert, seit im April 2012 der nördliche Teil des Landes von separatistischen Rebellen der Tuareg eingenommen und als unabhängiger Staat Azawad ausgerufen wurde. Kurz darauf haben islamistische Kämpfer im Norden Malis einen islamischen Staat mit einem strengen Scharia-System errichtet. Die meisten Christen konnten fliehen, bevor die Muslime die Herrschaft übernahmen. In der Zwischenzeit haben diese in Timbuktu, Gao und wahrscheinlich auch in Kidal Kirchen sowie andere Gebäude von Christen zerstört, um alle Spuren des Christentums auszulöschen. Auch gegen traditionelle Muslime gingen sie mit aller Härte vor, töteten Menschen, hackten ihnen die Gliedmaßen ab und zerstörten Heiligtümer des Sufismus, einer spirituellen Strömung im Islam. Seitdem die Kämpfe im März 2012 ausbrachen, sind Zehntausende, wenn nicht sogar Hunderttausende von Maliern in den Süden oder in die Nachbarländer geflohen.


Situation der Christen

Die Islamisten im Norden veranlassten viele Christen zu fliehen. Wie Gemeindeleiter und Gläubige einem Open Doors Mitarbeiter berichteten, wurden ihrem Wissen nach im Norden Malis während und nach der Invasion keine Christen von den Rebellen umgebracht. Ein Pastor berichtete, er habe vor dem Angriff der Islamisten Informationen erhalten, dass “alle Christen umgebracht werden sollen” und er warnte alle Pastoren, damit sie ihren Gemeindemitgliedern zur Flucht aus diesem Gebiet raten konnten. Als die Islamisten in diese Gegenden kamen, fanden sie die Häuser der Christen verlassen vor und zerstörten oder konfiszierten die Häuser und das gesamte Eigentum der Christen. Die meisten Christen flohen in den Süden, “sie kamen nach Bamako, der Hauptstadt des Landes, mit ihren Frauen und Kindern und mit leeren Händen.“ Einige sind nach Niamey (Niger) oder weiter nach Burkina Faso gegangen. Ein Open Doors Mitarbeiter berichtet, dass die Islamisten, “auf der Suche nach Christen, im Norden ein Haus nach dem anderen durchsuchten”, und besonders nach bestimmten Pastoren suchten, deren Namen ihnen bekannt waren. Es herrscht ein hohes Maß an Feindseligkeit. In so einer Situation ist selbst ein eingeschränktes Gemeinde- oder Kirchenleben nicht möglich – Christen und Kirchen können dort nicht mehr existieren. Es sind im Norden Malis nur einige wenige Christen übriggeblieben, die ihren Glauben heimlich leben. Im südlichen Teil Malis ist die Situation besser, obwohl es Anzeichen gibt, dass die Islamisten im Süden durch die Ereignisse im Norden stärkeren Einfluss auf die Politik bekommen haben.

Christen im Süden besorgt um Zukunft

Die Situation, in der das Land sich heute befindet, ist einzigartig. Die erfolgreiche Revolte der separatistischen Rebellen der Tuareg und der islamistischen Kämpfer hat das Land gespalten. Der Norden, als Staat Azawad ausgerufen, nimmt mehr als die Hälfte des Landes ein. Für Christen ist es jetzt völlig unmöglich, dort zu leben. Im südlichen Teil können Christen leben, müssen aber auf der Hut sein. Es gab im Süden immer einen gewissen Druck auf die Christen, besonders auf Christen muslimischer Herkunft, aber als Konvertit zu leben, war bisher noch erträglich. Es ist zu befürchten, dass der Konflikt im Norden den Süden beeinflussen wird. In einer von Open Doors in Auftrag gegebenen Studie vom Dezember 2012 berichtet ein externer Analyst, dass der Hohe Islamische Rat (HCI), der Ansprechpartner der Politiker für alle Fragen zum Islam, “die wachsende Schwäche des Staates Mali ausgenutzt hat, um mehr Einfluss zu erhalten, um die muslimischen Interessen im Land durchsetzen zu können. Seit dem Ausbruch der Krise im Norden Malis hat der Rat zwischen der Regierung und den Islamisten vermittelt. Im Gegenzug hat die Regierung der Bitte des Rates stattgegeben, ein Ministerium für religiöse Angelegenheiten zu gründen, das jetzt von einem ihrer Mitglieder geführt wird.“ “Die Besorgnis wächst, dass die Leitung des einflussreichen Hohen Islamischen Rates sich langsam der Wahhabitischen Ideologie (einer aus Saudi-Arabien stammenden, strengen Bewegung im Islam) annähert.“

Jeune Afrique ist in seiner Ausgabe vom September 2012 pessimistischer und beschreibt, wie die Imame immer einflussreicher und die Politiker immer machtloser werden. “Während im besetzten Norden die religiösen Fanatiker durch ihre Kalaschnikows an die Macht gelangt sind, gewinnen sie im Süden in der Politik an Einfluss. Die öffentliche Meinung in Mali scheint die Behauptung, es sei notwendig die Scharia einzuführen, akzeptiert zu haben. Sie wird nicht länger als eine Bedrohung für die Zukunft des Landes gesehen und der säkulare Staat scheint nicht mehr die Bürgerrechte garantieren zu können - einschließlich des Rechts, andere als muslimische Gottesdienste zu feiern.“ Das endgültige Ergebnis hängt auch vom Erfolg einer momentan erwogenen Einmischung der internationalen Gemeinschaft gegen die Besetzung des Nordens von Mali ab.


Krise des Landes

Was ist der Hintergrund der Krise im Norden? Anfang der 1990er Jahre begannen die Nomadenstämme der Tuareg im Norden einen Aufstand bezüglich Land- und Kulturrechten, der bis heute andauert. Die Regierung hat verschiedene Versuche unternommen, durch Verhandlungen oder militärisches Eingreifen, das Problem zu lösen. 2007 gewann der Konflikt an Tempo und verschärfte sich 2011 durch die Einfuhr von Waffen aus dem libyschen Bürgerkrieg. (BBC Mali-Profil, 13.11.2012).


Der Sturz des Präsidenten von Mali, Amadou Touré, am 22. März 2012, bildete im Norden ein Machtvakuum, welches sofort von separatistischen Rebellen der Tuareg der ‚Nationalen Bewegung zur Befreiung von Azawad‘ (MNLA) gefüllt wurde, die seit Januar ihre Angriffe in der Region verstärkt hatten, sowie von den islamistischen Kämpfern von Ansar Dine (‚Verteidiger des Glaubens‘) und der ‚Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika‘ (MUJWA). Am 6. April 2012 rief die MNLA den unabhängigen Staat Azawad im Norden Malis aus. Aber die MNLA wurde bald von den Islamisten mit der Absicht beiseite gedrängt, in Mali einen islamischen Staat zu errichten. Sie verbündeten sich mit der ‚Al-Kaida des Islamischen Maghreb‘ (AQIM), die seit Jahrzehnten in der Sahelzone operiert. Ursprünglich bekannt als die ‚Salafistengruppe für Predigt und Kampf‘ (GSPC), entstand die AQIM aus der „Groupe Islamique Armé“ (GIA), die in den 1990ern einen blutigen Kampf gegen das algerische Militärregime führte.

Man befürchtet, dass Mali nun schnell zu einem Drehkreuz für Dschihadisten werden wird, “zu einer explosiven Mischung aus Rebellion, Terrorismus und religiösem Extremismus, die über die Grenze schwappt“, so die Washington Post am 17. August 2012.

Internationaler Einspruch

Am Freitag, den 12. Oktober 2012, wurden zwei von der französischen Regierung beantragten Resolutionen von den Vereinten Nationen angenommen. Die UN erklärte die Bereitschaft, internationale Truppen zu schicken, um der Regierung von Mali zu helfen, die nördlichen Gebiete wieder zurückzuerobern. Sie drängten auch die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) einen Militärplan vorzulegen. In der Zwischenzeit rief die UN alle ihre Mitgliedsstaaten und andere Organisationen, wie die Europäische Union, dazu auf, militärische Ausbilder nach Mali zu schicken, um die Regierungstruppen von Mali zu schulen und zu trainieren. Sie baten auch die Regierung von Mali, in politische Verhandlungen mit der Besatzungsmacht im Norden zu treten, während sie alle islamischen Armeen dazu aufforderten, sich von solchen terroristischen Organisationen wie der AQIM zu distanzieren. BBC berichtet im Länderprofil von Mali am 13. November 2012, dass ECOWAS sich bei einem Treffen im November in Nigeria bereit erklärt hat, einen koordinierten Militärangriff zu starten, um den Norden zurückzuerobern, wenn die UN und die Afrikanische Union ihnen Rückendeckung geben. Die Vorbereitungen dazu werden mehrere Monate dauern.

Christen brauchen Gebet

Die Zukunft der Kirche im Norden Malis, der von den Islamisten als ihr neuer Staat betrachtet wird, ist sehr alarmierend. Erstens ist die Präsenz und Infrastruktur des Christentums fast völlig zerstört worden. Es wird lange dauern, das alles wieder aufzubauen, auch wenn die islamistischen Kämpfer erfolgreich aus dem Norden vertrieben werden würden. Zweitens stellt sich die Frage, ob es den internationalen Truppen gelingen wird, die Besatzer aus dem Norden Malis zu vertreiben. Wenn nicht, ist es mehr als fraglich, ob im Norden wieder eine christliche Gemeinschaft aufgebaut werden kann. Auch die Zukunft der Kirche im Süden Malis kann sich durch den wachsenden Einfluss religiöser Führer aus dem Hohen Islamischen Rat in der Politik Malis zum Negativen wenden, vor allem wenn sich der Verdacht bestätigt, dass sie sich der Wahhabitischen Ideologie annähern. Auch wenn der Norden befreit werden würde, kann die Tendenz zum religiösen Radikalismus in der Gesellschaft Malis steigen und das Leben der Christen und Gemeinden dort noch mehr erschweren und unter Druck setzen.