Leben im Staat:
Christen wurden aus staatlichen Ämtern entlassen und durch Muslime ersetzt. Dies bereitet den Christen insbesondere in den nordöstlichen Provinzen Sorge, wo die Lokalregierungen von Séléka-Anhängern besetzt sind.
Kirchliches Leben:
Ein normales kirchliches Leben gestaltet sich äußerst schwierig, da christliche Versammlungen immer der Gefahr von Angriffen ausgesetzt sind. Dies gilt besonders für den Stadtteil PK5 in Bangui und den Nordosten des Landes, wo Christen in großen Städten schikaniert und zur Flucht gezwungen werden.
Auftreten von Gewalt:
Für ein mehrheitlich christliches Land wie die ZAR ist der Druck auf Christen erstaunlich hoch. Die Krise im Land hat eine völlig neue Dynamik entfacht, besonders im Bereich Religion. Im Berichtszeitraum wurden viele Christen in mehreren Landesteilen ermordet. So wurden beispielsweise am 20. Februar 2015 in Bangui 16 Christen von einem muslimischen Mob gelyncht, einige wurden enthauptet. Dies geschah nur fünf Tage, nachdem am 15. Februar ein Pastor und ein Gemeindemitglied von Muslimen ermordet worden waren. Im Dezember 2014 töteten muslimische Extremisten einen Christen durch eine Granate. Im selben Monat wurden 12 Christen in einem Dorf von jungen Muslimen aus ihren Häusern gezerrt und erstochen oder erschossen, 13 weitere Christen wurden dabei verletzt. Aus dem ganzen Land wurden Brandanschläge auf Kirchen, Missionszentren und andere christliche Einrichtungen gemeldet. Des Weiteren wurden im Februar 2015 im Nordosten des Landes 14 Wohnhäuser und Kirchen zerstört sowie Missionszentren durch extremistisch-muslimische Fulani-Hirten geplündert und verwüstet. Zahlreiche Christen und Pastoren sind daraufhin aus der Region geflohen.
6. Ausblick
Erkennbare Trends und ihre Bedeutung für die Kirche:
- Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit müssen dringend wiederhergestellt werden. Sollte dies über längere Zeit ausbleiben, wird sich die Bevölkerung zum Schutz vor anhaltenden Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden seitens der Ex-Séléka bewaffnen. Durch derart bewaffnete Gruppen von Zivilisten könnte es leicht zu Vergeltungsmorden von Nachbarschaftswachen gegen lokale und unorganisierte Überbleibsel der Séléka oder auch lokale Muslime kommen.
- Die Kirche, der Staat und die Gesellschaft der ZAR durchleben gerade eine traumatische Zeit. Obwohl Kirchenleiter der Großkirchen geschlossen die Gewalt der Anti-Balaka verurteilt haben, ist die Situation keinesfalls gelöst. Selbst wenn die Anti-Balaka-Kämpfer ihre Waffen niederlegen, ist die Gefahr für eine Fortdauer der Gewalt sehr hoch. Verschiedene islamistische Gruppen stehen angeblich vor den Toren Banguis bereit, um sich an den „Ungläubigen“ zu rächen.
- Der jüngste Konflikt in der ZAR hat die Beziehung zwischen Christen und Muslimen im Land grundlegend verändert. Der Konflikt hat auf beiden Seiten zu Tausenden von Toten geführt. Den beiden Gruppen, die mehr als 100 Jahre zusammengelebt hatten, ist das Vertrauen zueinander verloren gegangen. Der von der internationalen Gemeinschaft unterstützte Versöhnungsprozess hat begonnen, um dieses Problem anzugehen. Eines muss jedoch betont werden: Der Versöhnungsprozess und die Bemühungen, das rechtliche Vakuum ausbleibender Strafverfolgung zu beenden, bergen hohe Risiken. Im Fall ihres Scheiterns könnten die Polarisierung und die Gewalt zwischen Muslimen und Christen in der ZAR andauern und der religiöse Konflikt sich wieder verschärfen.