Verfolgung in Irak

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Seit dem Sturz des Saddam-Regimes im März 2003 hat sich die Situation der Christen im Irak zunehmend verschlechtert. Die Meldungen über Einschüchterungen, Demütigungen, Entführungen, Folter, Ermordungen, Vergewaltigungen und Zwangsverheiratungen von Christinnen oder die Zerstörung von Kirchen reißen nicht ab.

Religionsfreiheit in der irakischen Verfassung

Die irakische Verfassung von 2005 legt in Artikel 2 den Islam als Staatsreligion und zugleich als Quelle der Gesetzgebung fest. Dementsprechend darf kein Gesetz verabschiedet werden, das gegen die Lehren des Islams und die anerkannten Überlieferungen verstößt. Nach islamischer Rechtsauffassung wird die Abkehr vom Islam - also ein Glaubenswechsel hin zu einer anderen Religion wie etwa dem christlichen Glauben - bestraft. Hierfür kann die Todesstrafe verhängt werden, was im Irak von staatlicher Seite bisher aber nicht geschehen ist. Grundsätzlich wird der Wechsel vom Islam zu einer anderen Religion in der irakischen Verfassung nicht geregelt.

Zugleich verpflichtet sich die staatliche Gewalt in Artikel 2.2 dazu "die islamische Identität der Mehrheit der irakischen Bevölkerung" zu gewährleisten. Weiter wird verfassungsrechtlich Glaubens-, Religions- und Gewissensfreiheit für alle Bürger garantiert - explizit erwähnt werden dabei Christen, Yeziden und Mandäer (Sabäer). In Artikel 43 wird den Anhängern aller Religionen die Freiheit zur Ausübung religiöser Riten, die Freiheit der Anbetung und der staatliche Schutz von religiösen Versammlungsorten garantiert.

Theorie und Praxis

Doch zwischen Theorie und Praxis klafft im Irak eine immer größer werdende Kluft: Anfang der 1990er-Jahre lebten noch 850.000 Christen im Irak; im Jahr 2003 gab es nur noch 550.000 Christen im Land. Genaue Angaben sind schwierig zu erheben, zumal mehr als die Hälfte der noch im Land verbliebenen Christen als Binnenflüchtlinge (sogenannte IDPs, Internally displaced persons) leben müssen, häufig in den Kurdengebieten oder der Niniveh-Ebene. Heute sind die schätzungsweise etwa 330.000 bis 350.000 im Land verbliebenen Christen der Verfolgung krimineller Banden und radikaler Islamisten ausgesetzt, die offensichtlich den Irak von "Ungläubigen reinigen" wollen.

Die Situation vor Ort hat sich so verschlechtert, dass der katholische Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako, bereits von einer "ethnischen Säuberung" sprach. Teils stehen kriminelle Motive hinter den Entführungen von Christen, um Lösegeld zu erpressen. Gleichzeitig treten jedoch religiöse Motive zunehmend in den Vordergrund, wenn Christen als "Fremdkörper" im Land betrachtet werden, die es zu vertreiben gilt - ungeachtet der Tatsache, dass die Christen seit bald 2.000 Jahren im Land leben, also lange bevor der Islam in die Region kam. Bei der christlichen Minderheit handelt es sich um Anhänger verschiedener Konfessionen, hauptsächlich sind es chaldäische, assyrische, syrisch-orthodoxe, armenische oder protestantische Christen.