Verfolgung in Afganistan

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Alle Christen in Afghanistan haben einen muslimischen Hintergrund. Wenn bekannt wird, dass sich jemand zum Christentum bekehrt hat, wird auf ihn oder sie durch Gesellschaft und Familie schwerer Druck ausgeübt, dort findet sich auch die Hauptquelle für Verfolgung. Werden Christen entdeckt, begegnet ihnen oft Diskriminierung und Feindseligkeit, sogar offene Verfolgung durch Familie, Freunde und Kommune. Muslimische Geistliche sind daran ebenfalls häufig beteiligt, ebenso lokale Behörden. Konvertiten werden stark unter Druck gesetzt, ihrem Glauben abzusagen. Wer den Islam verlässt gilt als Abtrünniger und befindet sich in einer äußerst schwierigen Lage. Konvertiten setzen daher alles daran, unentdeckt zu bleiben.

Zehn Jahre nach Vertreibung der Taliban durch die internationalen Streitkräfte bleibt die Situation hinsichtlich religiöser Freiheit besonders für Minderheiten trostlos; das betrifft auch die Christen. Obwohl die Regierung alle internationalen Abkommen bezüglich Religionsfreiheit unterzeichnet hat, vermag sie in der gegenwärtigen Situation nicht einmal die grundlegendsten Belange dieses Rechts zu garantieren. Deshalb ist die muslimische Regierung ebenfalls eine Quelle für Verfolgung.

Feindseligkeiten gegen Christen

Unter solchen Umständen kann sich die kleine christliche Minderheit selbstverständlich nicht öffentlich versammeln. In Privathäusern ist dies zwar möglich, allerdings nur unter großer Vorsicht. Entsprechend existiert auch kein einziges offizielles Kirchengebäude, nicht einmal für ausländische Christen. Die Regierung Afghanistans behandelt Bekehrte feindselig und versucht mit allen Mitteln, sie zum Islam zurückzubringen. Das hat sich erneut 2011 bei zwei Christen mit muslimischem Hintergrund bestätigt, die nur aufgrund enormen internationalen Drucks aus dem Gefängnis freikamen. Auf diese Abweichler wird üblicherweise das Blasphemie Gesetz angewendet, sieht sich der Staat doch selbst als ‚Bewahrer des Islam‘.

Offene Feindseligkeit kommt jedoch nicht nur von Behörden. Obwohl die Taliban geschwächt und für gewisse Zeit zum Rückzug gezwungen waren, legt die Terrorgruppe wieder an Stärke zu. Im Oktober 2011 veröffentlichten sie auf einer ihrer Webseiten die Aussage, das Land von allen Christen zu säubern – einheimische und ausländische. Sie betonten, dass sie ausländische Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen attackieren würden, weil diese Afghanen evangelisieren würden. Die Taliban nannten 200 Organisationen und ihre Absicht, diese nacheinander ins Visier zu nehmen. Mitarbeiter christlicher Nothilfeorganisationen sind nach wie vor bevorzugtes Ziel der Islamisten. Im August 2011 wurden einige westliche Entwicklungshelfer gekidnappt und später ermordet. Weitere Berichte über Entführungen und andere Schwierigkeiten zeigen die angespannte Situation für Christen, ausländische wie einheimische.


Insgesamt überrascht es wenig, dass Afghanistan zu den Ländern zählt, wo Christen größtmöglichem Druck ausgesetzt sind. Berichte über Ermordungen, Entführungen und Christen, die aus dem Land fliehen mussten, unterstreichen die überaus schwierige Lage.

Zukunft ungewiss

Sehr wahrscheinlich wird sich die Situation für Christen in nächster Zeit nicht verbessern; die westlichen Streitkräfte verlassen 2013-2014 das Land. Dann beginnt für die Regierung Afghanistans eine neue Phase, in welcher sie der Bedrohung durch die Taliban genauso begegnen muss, wie den unterschiedlichen ethnischen Gruppen im Land. Im April 2014 finden zudem die Präsidentschaftswahlen statt. Schließlich muss noch die unberechenbare Situation in Pakistan erwähnt werden, die Einfluss auf Afghanistan hat. Es ist schwer vorstellbar, wie sich die Situation für die christliche Minderheit noch weiter verschlechtern könnte. Da jedoch die bislang erwähnten Faktoren die potentielle Unsicherheit im Zusammenspiel mit strenger gesellschaftlicher und staatlicher Überwachung und Bedrängnis verstärken werden, muss die christliche Gemeinde in den Untergrund ausweichen und wohl zunächst dort bleiben.

Afghanistan rangiert weit vorne im Weltverfolgungsindex, da immenser Druck durch Familie und Gesellschaft auf alle Christen – nahezu alle Konvertiten – ausgeübt wird, zum islamischen Glauben zurückzukehren. Dazu kommt eine feindselig gestimmte Regierung, die sich als Hüterin des Islam versteht. Christen sind deshalb nicht die einzigen unter Beschuss – Buddhisten, Zoroastrier und Bahais ergeht es ähnlich. Selbst Schiiten geraten manchmal ins Visier. Weiterhin wird Christentum als westliche Religion betrachtet, die feindlich gegen die afghanische Kultur und Gesellschaft und gegen den Islam eingestellt ist. Starker Druck durch Gesellschaft, Familie und Staat wird demnach anhalten. Der Einfluss durch Länder mit Hang zu einem eher extremistischen Verständnis des Islam, wie z.B. Pakistan, Iran und Saudi-Arabien, wird die Situation der Christen kaum verbessern.


Evangelisieren verboten

Eine Abkehr vom Islam oder die Weitergabe des christlichen Glaubens wird als Angriff auf den Islam angesehen. Werden ausländische Christen bei der Weitergabe der christlichen Botschaft entdeckt, werden sie verhaftet und gewöhnlich des Landes verwiesen. Die massive Feindseligkeit Christen gegenüber ist jedoch nicht auf die Behörden beschränkt.

Verfolgung durch Familie

Wenn Muslime Christen werden, droht ihnen die schärfste Verfolgung von der Familie, Nachbarn oder muslimischen Eiferern.  Ehemalige Muslime werden vertrieben, nachdem sie ihrer Familie von ihrer Konversion erzählt haben. Konvertiten müssen damit rechnen beschimpft und bloßgestellt oder geschlagen zu werden, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, ins Gefängnis zu kommen oder auch umgebracht zu werden. Sie werden oft von ihrer Familie und der Gesellschaft gedrängt, die kulturellen Normen des Islam zu befolgen. Einige Konvertiten mussten aus dem Land fliehen, um ihr Leben zu retten.

Gemeinde wächst trotz Schwierigkeiten

Doch trotz aller dieser Schwierigkeiten wächst die "unsichtbare" afghanische Kirche in allen Teilen der Gesellschaft.  Dabei spielen christliche Radioprogramme eine große Rolle. Es gibt Gruppen von ehemaligen Muslimen, die sich heimlich in kleinen Hausgemeinden versammeln. Es ist für Christen fast unmöglich, an Bibeln oder andere christliche Literatur oder Medien in ihrer Sprache zu kommen. 

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