Triebkräfte von Verfolgung

Die Haupttriebkraft der Christenverfolgung in Afghanistan ist "Islamischer Extremismus"; in geringerem Maße tragen auch "Exklusives Stammesdenken" und "Systematische Korruption" zur Verfolgung bei.

Islamischer Extremismus: "Als Satan auf die Erde fiel, fiel er auf Kabul" ist ein häufig zitiertes afghanisches Sprichwort. Alle Christen mit afghanischer Nationalität sind muslimischer Herkunft. Sobald bekannt wird, dass jemand den christlichen Glauben angenommen hat, erfährt der oder die Betroffene zumeist massiven Druck durch Gesellschaft und Familie. Das Spektrum reicht von Diskriminierung über offene Feindseligkeit bis hin zu gewaltsamen Übergriffen durch Personen aus dem familiären Umfeld, dem Freundeskreis oder der Dorfgemeinschaft. In der Regel ergreifen hierzu islamische Geistliche die Initiative, auch örtliche Behörden können beteiligt sein. Die Konvertiten werden hart bedrängt, ihrem neuen Glauben abzusagen. Wer sich entschließt, dem Islam den Rücken zuzukehren, gilt als "Abtrünniger" und begibt sich damit in eine höchst gefährliche Lage. Der Aufruf des Parlamentariers Nazir Ahmad Hanafi verdeutlicht dies: Er plädierte dafür, solche Bürger hinzurichten.

Exklusives Stammesdenken: Der eigene Stamm und seine Mitglieder stehen für einen Afghanen höher als das Heimatland. Die Menschen haben eine sehr tiefe Verbindung zu ihren Familien, Dörfern, Stämmen und dem eigenen Volk. Wer es wagt, sich von seinem Stamm und den jahrhundertealten Werten abzuwenden, um sie gegen etwas Neues und möglicherweise sogar Ausländisches einzutauschen, wird mit allen Mitteln zur Rückkehr zur Tradition gezwungen. Beugt sich die Person dem Druck nicht, wird sie als Verräter aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Das gilt für alle "Abweichungen", ganz besonders aber für den Fall, dass jemand beschließt, Christ zu werden. Der christliche Glaube gilt bis heute als Religion des Westens und damit als Bedrohung für die afghanische Kultur, Gesellschaft und den Islam.

Systematische Korruption: Korruption grassiert in Afghanistan, und Bestechungsgelder im Umgang mit Behörden sind normal. Als Teil der armen Bevölkerungsmehrheit sind Christen davon unmittelbar betroffen. Afghanistan ist außerdem als größter Schlafmohnproduzent der Welt bekannt. Der Drogenanbau und -handel gehören nach wie vor zu den bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren des Landes, und wer sich den Drogenbaronen in den Weg stellt, wird aus dem Weg geräumt. Das betrifft Christen zwar nicht mehr als andere, zumal sie ohnehin nicht als solche erkennbar sind. Sie haben es jedoch wegen ihres Glaubens noch schwerer, sich diesem System zu entziehen oder Hilfe bei Außenstehenden zu suchen.