Triebkräfte von Verfolgung

In Syrien sind drei Triebkräfte von Verfolgung zu beobachten. Haupttriebkraft ist der 'Islamische Extremismus'. Dazu kommen 'Diktatorische Paranoia' und 'Systematische Korruption'. Im Verlauf des Bürgerkrieges entwickelte sich der "Islamische Extremismus" anstelle der "Diktatorischen Paranoia" zur Haupttriebkraft von Verfolgung.

Der Islamische Extremismus ist gekennzeichnet von dem Eifer, das Land bzw. die Welt durch gewalt- oder nicht-gewalttätige Aktionen in das 'Haus des Islam' zu bringen. Hauptverantwortlich für Verfolgung sind Anführer ethnischer Gruppen, nicht-christliche lokale und nationale Leiter, fanatische Bewegungen, revolutionäre oder paramilitärische Gruppierungen sowie die eigene (erweiterte) Familie. Selten ging von 'einfachen Leuten' oder Mobs Christenverfolgung aus. Die Milizen des Islamischen Staates (IS) und in geringerem Maße die von Jabhat al-Nusra und anderer radikaler Gruppen sind gegenwärtig die grausamsten Christenverfolger in Syrien. Christen in Syrien genossen vor dem Krieg relativ große Religionsfreiheit. Mit dem Auftreten militant-islamischer Gruppen hat sich das geändert. In großen Teilen von Syrien und dem Irak rief der IS Ende Juni 2014 ein Kalifat aus und führte damit eine strenge Version der Scharia ein. Bereits im Februar 2014 wurden Christen in der Stadt Rakka zur Unterzeichnung eines 'Dhimmi-Vertrages' gezwungen, der ihre (religiöse) Freiheit verletzt. Die meisten Christen sind inzwischen aus IS-kontrollierten Gebieten geflohen. Als Folge des gestiegenen Einflusses islamistischer Gruppierungen radikalisiert sich die Gesellschaft, besonders in von radikalen Gruppen kontrollierten Gebieten.

Diktatorische Paranoia hat den Machterhalt zum Hauptziel, die Umsetzung einer Vision ist nachrangig. Im Vorkriegs-Syrien ging Diktatorische Paranoia hauptsächlich von Beamten der Regierung aus. Das Regime beobachtete Kirchengemeinden beispielsweise hinsichtlich etwaiger politischer Aussagen in Predigten. Dafür reichen die Kapazitäten der Regierung heute nicht mehr aus. Bedingt durch die Kriegssituation unternimmt sie auch kaum einen Versuch, Religionsfreiheit für Christen sicherzustellen. Im heutigen Syrien kommt dieser Antrieb zur Verfolgung jetzt vorwiegend vonseiten bewaffneter Gruppen, die Teile Syriens kontrollieren und denen jedes Mittel recht ist, um an der Macht zu bleiben.

Systematische Korruption ist in dem vom Bürgerkrieg verursachten Klima der Straflosigkeit und Anarchie weit verbreitet. Sie dient zuerst der Selbstbereicherung. Entführungen mit Lösegelderpressungen sind dafür das beste Beispiel. Syrer aller religiösen Gruppierungen werden entführt. Hinter der Verschleppung von Christen stehen neben finanziellen auch politische und ideologische Motive. Christen haben den Ruf, wohlhabend zu sein und das Regime zu unterstützen. Dass sie einer wenig wehrhaften, nicht-muslimischen Minderheit angehören, spielt bei ihrer Entführung ebenfalls eine Rolle.