Verfolgung in Saudi-Arabien

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Saudi-Arabien folgt einer sehr strengen Form des sunnitischen Islam: dem Wahhabismus (benannt nach einem religiösen Führer aus dem 18. Jahrhundert). Das herrschende Königshaus sieht sich als Hüter der beiden heiligsten Städte des Islam dazu berufen, durch die strenge Durchsetzung des Islam die Reinheit der Religion zu wahren. Religionsfreiheit gibt es nach dieser Haltung natürlich nicht.

Früher hatte Saudi-Arabien eine große christliche Bevölkerung und es gab sogar Kirchen mit Geistlichen und Synagogen der jüdischen Bevölkerung. Während der Eroberung durch den Islam vom 7. bis zum 10. Jahrhundert wurden Juden und Christen des Landes verwiesen oder gezwungen, zum Islam zu konvertieren.

Das Forschungszentrum PEW bezeichnet Saudi-Arabien als eines der 18 Länder (9,1 Prozent) mit hohen Einschränkungen in Bezug auf Religion seitens seiner Regierung, weil die Religionsfreiheit weder in der Verfassung noch im einfachen Gesetz verankert ist. Obwohl Saudi-Arabien einer der wichtigsten Verbündeten des Westens im Nahen Osten ist, belegt es einen vorderen Platz auf dem Social Hostility Index des Forschungszentrum PEW. Dies bedeutet, dass es zu den 15 Ländern (7,6 Prozent) gehört, in denen Meinungen gegen Minderheitenreligionen sehr stark in allen Bereichen der Gesellschaft auftreten.


Keine Religionsfreiheit

Religionsfreiheit existiert nicht in dem wahhabitischen Königreich, in dem es den Bürgern nur gestattet ist, einer einzigen Religion anzugehören: dem Islam. Den Bürgern wird die Freiheit verweigert, ihre Religion frei und persönlich zu wählen oder zu wechseln. Weder ist der Schutz der Religionsfreiheit gesetzlich vorgesehen, noch existiert dieser Schutz in der Praxis. Das Rechtssystem basiert auf dem islamischen Recht, der Scharia. Apostasie, der Übertritt zu einer anderen Religion, ist ein todeswürdiges Verbrechen - falls der "Abtrünnige" nicht widerruft. Jeder Bürger Saudi-Arabiens muss Muslim sein. Auch die vielen Gastarbeiter mit anderer Religion, darunter viele Christen, haben keine Religionsfreiheit.

Vorbestimmte Religion

Die meisten Christen in Saudi-Arabien sind Gastarbeiter mehrheitlich von den Philippinen. Abgesehen davon, dass diese ausländischen Arbeiter ausgebeutet und schlecht bezahlt werden, sind die Christen unter ihnen wegen ihres Glaubens regelmäßig verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt. Als Hausangestellte werden Frauen nicht selten Opfer von Vergewaltigung, wenn sie sich nicht zum Islam bekehren. 

Trotzdem gibt es häufig Berichte von Migranten, die zum Christentum konvertieren. Oft kommen sie aus ihrem Heimatland als Katholiken, Muslime oder Hindus, treffen aber während ihres Aufenthaltes auf der arabischen Halbinsel die feste Entscheidung, Jesus zu folgen. Aufgrund dessen steigt die Anzahl der Migrantengemeinden. Im Dezember 2011 wurde eine Gruppe von 35 äthiopischen Christen nach ihrem Gottesdienst angegriffen und verhaftet. Offiziell wurden sie der “Vermischung der Geschlechter außerhalb der Familie” beschuldigt, aber laut der Gefangenen wurden sie für das Praktizieren ihres Glaubens verhaftet.


Schwierigkeiten für Konvertiten

Christen mit muslimischer Herkunft riskieren Verfolgung vonseiten ihrer Familie oder der Gesellschaft, wenn ihr Religionswechsel bekannt wird. Nach dem saudischen Gesetz sind Kinder männlicher Bürger automatisch Muslime ohne Rücksicht auf das Land oder die religiöse Tradition, in der sie aufgewachsen sind. Die Anwendung dieses Gesetzes diskriminiert Nichtmuslime und nicht eingebürgerte Mütter und verwehrt ihren Kindern die freie Religionswahl. Frauen, die saudische Bürger heiraten, müssen zum Islam übertreten.

Es gibt eine Vielzahl von Konvertiten, welche ihren Glauben unter großer Geheimhaltung leben. Viele von ihnen haben sich durch christliche Programme per Satellitenfernsehen angesprochen gefühlt oder wurden Christen, nachdem sich Gott ihnen in einem Traum oder einer Vision offenbarte. Konvertiten haben bezeugt, dass sie auf der Hadsch, der islamischen Pilgerreise nach Mekka, waren, als sie eine göttliche Vision bekamen, welche ihnen klar machte, dass sie Jesus brauchen. Internetzugang spielt ebenfalls eine große Rolle, da dies Einheimischen ermöglicht, Zugang zu christlichen Materialien zu erhalten. Doch ist die Internetnutzung in Saudi-Arabien stark kontrolliert und reguliert.

Die geringe Anzahl an saudischen Konvertiten steigt seit kurzem an und sie werden offener, ihren Glauben in aller Vorsicht zu zeigen und ihn mit anderen über das Internet und christliche Fernsehsender zu teilen. Nichts desto trotz geschieht dies nicht ohne Konsequenzen.

Im Juli 2012 berichteten die Medien über eine junge, saudische Frau, welche angeblich zum Christentum konvertierte, nachdem sie von ihrem libanesischer Arbeitgeber das Evangelium vermittelt bekommen hat. Mit seiner Hilfe und der seines saudischen Kollegen floh sie ins Ausland. Die Familie dieser Frau erhob Anklage gegen den Arbeitgeber. Laut der Saudi Gazette, einer großen, regionalen Zeitung, wurde er festgenommen und erwartet nun ein Gerichtsverfahren. Spätere Berichte, unter anderem auch von ihrer Familie, suggerierten, dass die Frau noch Muslimin sei und möglicherweise Menschenhändlern zum Opfer gefallen wäre. Saudische Medien vermittelten gerne den Eindruck, dass die Frau ein emotional instabiles „Mädchen“ gewesen sei.


Diese Reaktionen reflektieren deutlich, welche absolute Schande eine Konvertierung zum Christentum in dem wahhabitischen Königreich bedeutet. Die saudische Regierung kooperiert angeblich mit Interpol und lokalen westlichen Regierungen, um die Frau wieder in ihr Heimatland zurück zu führen. Im August wurde gemeldet, dass die saudischen Behörden begonnen haben, diverse christliche Webseiten zu sperren, höchstwahrscheinlich als Reaktion auf diese Vorkommnisse.

Mission streng verboten

Zwar erkennt die Regierung das Recht von Nicht-Muslimen an, Gottesdienste im privaten Rahmen zu halten, doch die allgegenwärtige Religionspolizei "Mutawwa" respektiert dieses Recht oft nicht. Die öffentliche Ausübung nicht-muslimischer Anbetung und jeder Versuch, das Evangelium unter Muslimen zu verkündigen, sowie das Verteilen von christlicher Literatur sind verboten und werden strafrechtlich verfolgt. Nicht-Muslimen, die an derartigen Aktivitäten beteiligt sind, drohen Verhaftung, Inhaftierung, Auspeitschung, die Abschiebung und Misshandlung.

In den vergangenen Jahren wurde die Ausübung anderer Religionen toleriert, aber nur, wenn sie vollständig im privaten Bereich stattfand. Da die Definition von "öffentlich" und "privat" nicht eindeutig ist, verhalten sich alle Christen sehr vorsichtig. Dennoch geht die Religionspolizei (Mutawwa) von Zeit zu Zeit gegen religiöse Minderheiten vor, auch gegen Christen. Es kommt zu Hausdurchsuchungen bei ausländischen Christen und die Beschlagnahmung von religiösem Material. Staatlich finanzierte Moschee-Prediger gebrauchen in ihren Predigten eine anti-jüdische, anti-christliche und gegen die muslimische Minderheit der Schiiten gerichtete Rhetorik.


Ausweisung von Missionaren

Eine weitere Gefahr für Christen sind Anschläge durch extremistische Muslime und die Unterwanderung der Hausgemeinden durch Spione. Bei der Bestrafung von Evangelisten, etwa wegen Verstößen gegen das Missionsverbot, kann das Strafmaß je nach Nationalität unterschiedlich ausfallen. Angehörige westlicher Verbündeter (z.B. US-Amerikaner) werden meist "diskret" des Landes verwiesen, während Missionare aus ärmeren, asiatischen Ländern (z.B. den Philippinen) inhaftiert, gefoltert werden - oft unter fadenscheinigen Anklagen und ohne ein faires Gerichtsverfahren. 

Zukunft ungewiss

Prognosen darüber, wie sich die Situation für Christen in Saudi-Arabien entwickeln wird, sind schwierig. Da sich die politische und wirtschaftliche Situation in absehbarer Zeit nicht ändern wird, kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Lage der Christen verbessert. Dennoch steigt die Anzahl der Christen, die vom Islam her konvertieren. Durch die  Unerschrockenheit, mit der sie von ihrem neuen Glauben berichten, steigt auch die Gefahr für Verfolgung und Unterdrückung in Saudi-Arabien.